Frankfurt/Main – 3. April 2025 – Psychische Komorbiditäten verändern die Mortalität im Krankenhaus wohl ganz unterschiedlich. Während Personen unter 70 Jahren und Männer ein höheres Risiko haben, zeigt sich bei über 80-Jährigen und bei Frauen ein gegenteiliger Effekt. Besonders gefährdet sind Patienten mit Substanzmissbrauch in der Vorgeschichte. Das haben Forschende unter Leitung von Prof. Dr. Karel Kostev, IQVIA, herausgefunden.
In der Europäischen Region der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leben mehr als 150 Millionen Patienten mit einer psychischen Erkrankung. Weltweit ist fast eine Milliarde Menschen betroffen – und die Zahl steigt stetig. Patienten haben ein erhöhtes Risiko für körperliche Begleiterkrankungen, für eine niedrigere Lebensqualität und für Arbeitsunfähigkeit.
Eine ältere, große Metaanalyse zeigt darüber hinaus, dass ihr Sterberisiko 2,2-fach höher als bei der Allgemeinbevölkerung ist. Ob auch Patienten mit psychiatrischer Komorbidität, die wegen eines körperlichen Leidens in ein Krankenhaus müssen, gefährdet sind, war bislang unklar. Diese Fragestellung haben Forschende unter Leitung von Prof. Dr. Karel Kostev, Senior Scientific Principal bei IQVIA, jetzt untersucht – mit teils überraschenden Erbennissen.
Grundlage ihrer retrospektiven Querschnittsstudie war die Krankenhausdatenbank von IQVIA. Die Forschenden haben Erwachsene mit einer psychiatrischen Störung als Nebendiagnose bei der Krankenhausaufnahme mit vergleichbaren Patienten ohne psychiatrische Störung im Verhältnis 1:3 gematcht. Der Propensity Scores umfasste das Alter, das Geschlecht, die Krankenhaus-Fachabteilung und die Hauptdiagnose. Alle Diagnosen basierten auf der ICD-10-Klassifikation.
In die Studie wurden 36.796 Patienten mit psychiatrischer Störung aufgenommen. Ihr mittleres Alter lag bei 66,2 Jahren; 53,4% waren Männer. Die Kontrollgruppe umfasste 110.388 Patienten ohne psychiatrische Komorbidität (mittleres Alter 66,1 Jahre; 51,9% waren Männer).
In der gesamten Kohorte fanden die Wissenschaftler keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen psychiatrischen Komorbiditäten und der Mortalität im Krankenhaus (Odds Ratio [OR] = 1,00, 95%-Konfidenzintervall [KI] = 0,95-1,05). „Dieses Ergebnis ist allerdings mit Vorsicht zu interpretieren, da viele ältere Arbeiten einen positiven Zusammenhang zeigen“, sagt Kostev. „Die Tatsache, dass Studien in verschiedenen Ländern und in unterschiedlichen Zeiträumen durchgeführt wurden, könnte solche Diskrepanzen zumindest teilweise erklären.“
Besonderheiten gab es in der aktuell untersuchten Kohorte dennoch. So war das Mortalitätsrisiko bei Patienten zwischen 18 bis 70 Jahren mit psychiatrischen Komorbiditäten erhöht:
Bei Erwachsenen im Alter von mehr als 80 Jahren waren psychiatrischer Komorbiditäten jedoch mit einer niedrigeren Mortalität im Krankenhaus assoziiert (OR = 0,73, 95%-KI = 0,66-0,81). Generell fanden die Wissenschaftler bei Frauen niedrigere Risiken (OR = 0,89, 95%-KI = 0,82-0,96), bei Männern jedoch höhere Risiken (OR = 1,10, 95%-KI = 1,03-1,18). Darüber hinaus war das Sterblichkeitsrisiko bei Personen mit psychiatrischen Komorbiditäten, die psychoaktive Substanzen konsumiert hatten, höher (OR = 1,37, 95%-KI = 1,27-1,48).
„Wir benötigen weitere Daten, um alters- und geschlechtsspezifischen Unterschiede besser zu verstehen“, resümiert Kostev.
Karel Kostev, Benjamin Landré, Dong Keon Yon, Josep Maria Haro, Razak M Gyasi, André Hajek, Louis Jacob: Psychiatric comorbidity and in-hospital mortality in patients hospitalized for physical conditions in Germany. J Psychiatr Res. 2025 Jan 27:182:489-496. doi: 10.1016/j.jpsychires.2025.01.049
Sabine Kluge
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